Oder: Schweiß lass nach

Next Stop: Oaxaca. Genauer gesagt: Oaxaca, Oaxaca. Die etwas seltsamen Ankünfte in mexikanischen Städten wiederholen sich. Wir glauben anfangs, dass wir einfach mit einem Colectivo, also einem Sammeltaxi, vom Flughafen in die Stadt fahren werden. So wie alle anderen auch. Aber obwohl unser Minivan voll ist, fahren wir nicht los. Unser Fahrer koordiniert sich via Walkie-Talkie mit den anderen Fahrern, weil sie gerne alle zur gleichen Zeit losfahren wollen. So warten wir eingequetscht zwischen anderen Passagieren noch 30 Minuten im stickigen Fahrzeug, bis alle bereit sind. Im Konvoi von mindestens zwölf Minibussen versuchen wir den Flughafen zu verlassen. Zuerst muss uns von schwer bewaffneten Soldaten der verbarrikadierte Weg geöffnet werden, dann rumpeln wir bei strömenden Regen und Dunkelheit zu unserer Überraschung einen Feldweg entlang. Wir können uns irgendwie nicht ganz vorstellen, dass es keine asphaltierte Straße zum Flughafen gibt. Die immer wieder zu hörenden Explosionen in der Umgebung scheinen die anderen Passagiere nicht sonderlich zu beeindrucken. Deswegen denken auch wir uns, wie schon oft auf der Reise: wird schon passen. Passt auch.

Mit unserer Unterkunft haben wir wieder mal Glück. Es gibt einen schönen Innenhof mit Hängematten, liebe Katzen mit denen sich sogar Bettina anfreunden kann und einen persönlichen Altar im Zimmer. Letzteren müssen wir aus Mangel an anderen Ablageflächen leider mit unserer (Schmutz-)Wäsche entweihen.

Weil Oaxaca bekannt für seine Küche ist, melden wir uns gleich mal für einen Kochkurs an. Obwohl Platz für zwölf Kochschüler zur Verfügung stehen würde, sind wir nur zu viert. Der Nebensaison sei Dank. Aber ganz ehrlich, wir verstehen, dass bei der Affenhitze nicht mehr Touristen den Weg nach Oaxaca finden. Am Anfang des Kurses werden wir durch den lokalen Markt geführt und bekommen unter anderem eine Einführung in die Chilikunde. Wir sind schnell verwirrt, da Chilis in frischer und getrockneter Form, die eigentlich die gleiche Sorte sind, unterschiedliche Namen bekommen. Am Ende haben wir aber die richtigen eingekauft und starten das Kochabenteuer. Unter dem Regiment des strengen, aber lieben Herrn des Hauses verarbeiten wir unter anderem nixtamalisierten Mais (wenn das kein cooles Wort ist wissen wir auch nicht) zu Tortillas und Schokolade zu Mole, einer pikanten Sauce. Insgesamt bereiten wir acht verschiedene Gerichte zu und eines schmeckt besser als das andere. Die Mole ist sogar besser als die von der mexikanischen Mama eines anderen Teilnehmers. Aber keine Angst, von uns wird sie es nicht erfahren.

Neben einer tollen Altstadt und vielen Kunstmärkten (die natürlich alle erkundet werden wollen), gibt es im Umland von Oaxaca eine weitere Sehenswürdigkeit, Hierve el Agua. Das sind 2500 Jahre alte, von sprudelnden Quellen ausgewaschene, Kalkwasserbecken und Wasserfälle, gelegen auf einem Berg mit toller Aussicht. Das klingt für uns nach einem sehr guten Ziel und ein Bad in den Wasserbecken nach einer willkommenen Abkühlung von Mexiko‘s Hitze. Da wir (wie immer) die Dinge lieber auf eigene Faust erkunden anstatt eine geführte Tour zu buchen ist natürlich auch (wie immer) die Anreise ein kleines bisschen komplizierter. Aber machbar. Nach einer normalen Busfahrt geht es für uns weiter auf der Ladefläche eines Pick-ups, der uns die letzten (sehr holprigen) Kilometer den Berg hinaufführt. Generell beeindrucken Mexikos grundsätzlich sehr gute Straßen durch eine außergewöhnliche Holprigkeit. Jede, wirklich jede, Straße verfügt alle paar Meter über Temposchwellen – ziemlich mühsam zu befahren und wir sind uns nicht ganz sicher ob die Temposchwelle auf diese Art und Weise wirklich bestmöglich eingesetzt ist. Aber egal. Wir kommen bei Hierve el Agua an und es ist wirklich beeindruckend. Seht euch einfach die Fotos an. Wir sind auch gerade noch früh genug angekommen, um den Ort eine halbe Stunde lang mehr oder weniger für uns alleine genießen zu können, bevor die Touristenbusse ankommen und dann doch recht viel los ist. Wir genießen die kühlen Bäder und die Aussicht sehr.

Um zurück nach Oaxaca zu kommen müssen wir leider sehr lange Warten, bis sich die Ladefläche des Pick-ups wieder füllt, denn auch hier wird nur mit komplett vollen Ladeflächen losgefahren.

Ansonsten genießen wir noch ein paar Tage die Stadt und trinken den ein oder anderen Kakao. Den ein oder anderen herrlichen Kakao nämlich. Zubereitet mit Chili und/oder Kardamom – ein Gedicht.

Für uns gehts dann weiter nach Puerto Escondido, an die Pazifikküste. Wir entscheiden uns für den Nachtbus um dorthin zu kommen und wieder einmal können wir das mexikanische Bussystem nur loben. Es ist recht bequem im Bus und wir kommen nach neun Stunden Fahrt exakt zur versprochenen Zeit um sieben in der Früh an. Wir wohnen in Punta Zicatela, ein bisschen außerhalb von Puerto Escondido. Dort wo die Surfstrände sind, schließlich wollen wir hier selbst auch ein bissl Wellenreiten (oder es zumindest nochmal probieren). Hier passiert das, was wir nicht für möglich gehalten hätten: Es ist NOCH heißer! Zu den, bis hierhin recht trockenen 37 Grad mischt sich hier noch eine unmenschliche Luftfeuchte. Und von einer Meeresbrise keine Spur. Immerhin haben wir ein schönes Zimmer mit einem überlebenswichtigen großen Ventilator. Insofern wichtig, weil Flo zwei Tage ausfällt und sich eher im Zimmer aufhält. Was wir auch im Zimmer haben ist eine Hängematte, die leidenschaftlich von Bettina okkupiert wird.

Punta Zicatela gefällt uns gut, es gibt viele nette Plätze uns Shops. Da der Ort bei amerikanischen Surfern und remote-Arbeitenden gleichermaßen beliebt ist, sind die Preise aber um einiges höher als wir es bis hierhin von Mexiko gewohnt waren.

Nachdem Flo gesund gepflegt wurde, können wir endlich das angehen wofür wir ja eigentlich hier sind. Wir machen nochmal einen Surfkurs. Bei der kurzen Einheit im Trockenen, bei der die Basics wiederholt werden, trennt sich schon die Spreu vom Weizen. Während Bettina so gut wie alles und Flo so manches richtig macht, heißt es für eine andere Teilnehmerin nur: „you need to change everything“. Nach den zehn Minuten im Trockenen ist vor allem Flo froh, dass es endlich ins Wasser geht – der Surflehrer ist ihm alles andere als sympathisch und im Wasser muss man nicht mehr so viel mit ihm interagieren. Im Wasser läufts gut für uns und wir erwischen gleich die ersten Wellen. Der Surfspot ist ziemlich voll und während wir auf unseren Brettern liegen und warten bis wir an der Reihe sind kann man gut die Surfprofis oder ein paar Pelikane beobachten. Unser Surflehrer ruft einem anderen das Wort „tiburón“ zu und es kommt zu einer kurzen Unruhe. Als Bettina nochmal nachfragt, ob hier wirklich gerade ein Hai unterwegs ist, ist er erstens sehr überrascht von Bettinas inzwischen sehr fortgeschrittenen Spanischkenntnissen und versucht zweitens gleich zu beschwichtigen, dass er was ganz anderes gemeint hätte. So bleibt es bis heute ungeklärt ob dort ein Hai war oder nicht. Egal, wir gehen trotz möglicher Bullenhaipräsenz am nächsten Tag gleich nochmal surfen. Wir sind ja nicht das einzige Futter, dass hier so herumtreibt.

Nach ein paar schönen Tagen in Punta Zicatela ziehen wir nochmal für zwei Nächte nach Puerto Escondido selbst. Eher notgedrungen, da wir gerne noch ein bisschen bleiben wollen, aber in Punta Zicatela keine preiswerten Unterkünfte mehr aufzutreiben waren. Was sollen wir sagen, wir wissen jetzt warum Zicatela beliebter ist. Unser Hostel in Puerto Escondido kann, abgesehen von einem supersüßen Babyhund (sein Name ist Frijol, also Bohne – erinnert uns sehr an Kentang aus Arborek), gar nicht überzeugen und wir fühlen uns nicht wirklich wohl. Ansonsten überzeugt Puerto Escondido nur mit den bisher besten (und größten) Burritos. Dann haben wir vorerst mal genug von der Pazifikküste gesehen und wechseln direkt an die Karibikküste. Dazu nächstes Mal mehr.

Fazit: Feldwege zu Flughäfen wirken weniger vertrauenerweckend. Mexikanische Baumeister lieben Temposchwellen. Mexikanische Baumeister lieben vermutlich auch ihren Kakao. Nixtamalisiert ist das Wort der Woche. Bettinas Tier-Spanisch ist schon auf C2 Niveau.