Oder: Chaos, Spucke und Deluxe-Busvergnügen

Er ist also da. Der Tag, dem wir schon so lange entgegenfiebern und für den wir uns jetzt trotzdem nicht bereit fühlen. Aber es hilft alles nix, der Wecker klingelt uns in aller Frühe aus dem Bett und unser erster langer Reisetag beginnt. Beim Warten auf den Bus zum Flughafen werden wir Zeugen davon, wie einer der wartenden Taxifahrer mit einem kleinen Morgentanz zum fetzigen Geplärre von „Aber bitte mit Sahne“ seine Udo Jürgens Leidenschaft auslebt. Die musikalische Zwangsbeglückung beschert uns auch den Ohrwurm des Tages: Griechischer Wein. Ähm danke dafür! Ein paar Stunden später sind wir in Zagreb am Flughafen und es heißt, wie nicht zum letzten Mal heute, warten. Flo bekommt einen überraschenden Anruf von einer überschwänglichen ÖAMTC-Lady, die todtraurig über die gekündigte Mitgliedschaft ist, zugleich aber überglücklich, dass Flo über zehn Jahre dabei war. Die gute Nachricht: Er darf jederzeit wieder zurückkommen. Beim ÖAMTC wird Kundenservice nach wie vor mit großem K geschrieben!

Wir kommen nach einem entspannten ersten Flug und einem Blick auf den Burj-Khalifa in der heiß, kalt, heiß Klimaanlagenhölle von Dubai an. Obwohl wir vom Flugzeug zum Flughafengebäude und vom Flughafengebäude ins nächste Flugzeug jeweils fast eine Stunde im Bus sitzen, lässt uns das Gefühl nicht los, dass wir am Ende wieder im gleichen Flieger landen.

Beim Anflug auf Nepal können die Passagiere auf der linken Seite des Flugzeuges einen herrlichen Blick auf die Gipfel des Himalaya genießen. Der Pilot erklärt in seinen Durchsagen welche Berge man gerade sehen kann und fliegt extra eine Schleife, damit die linke Seite den Everest bestaunen kann. Freut uns! Also für die Leute auf der linken Seite. Wo wir sitzen könnt ihr euch ja denken.

Ein bisschen zermürbt aber durchaus glücklich kommen wir nach 22 Stunden Reisezeit in Kathmandu an. Und siehe da, unser Gepäck hat es geschafft und ein Visum bekommen wir auch reibungslos. Fun Fact: Offensichtlich sind wir unbewusst in die Zukunft gereist! Nepal schreibt nämlich gerade das Jahr 2079. Im Hostel angekommen merken wir schnell, dass wir unsere Hygienestandards für die nächste Zeit mindestens ein kleines bisschen runterschrauben müssen. Aber hey, nur 3,50 € die Nacht – also Wurschtigkeitsmodus ON.

Viel Zeit zum Ausrasten bleibt uns nicht (wir haben ja nur 12 Monate), ein Organisationstag steht an. Ganz ehrlich, Kathmandu überfordert uns anfangs ein bisschen. Im Moped-Menschen-Stromkabel-Chaos besorgen wir unsere Trekkingpermits und die fehlende Wanderausrüstung. Nach fünf Preisverhandlungen in drei verschiedenen Shops haben wir alles besorgt, und einen Preis gezahlt (welchen, und ob es schlussendlich der beste war, ist uns nicht erinnerlich).

Schnell lernen wir zwei Dinge über Kathmandu. Erstens ist die Luftqualität nicht gerade die Beste, man merkt es unter anderem beim Naseputzen, wenn ihr wisst was wir meinen. Und das, obwohl die Luft gerade verhältnismäßig gut sein soll. Zweitens zieht der gemeine Nepali für sein Leben gerne auf, um dann geräuschvoll durch die Gegend zu spucken. Das Geräusch soll uns durch ganz Nepal verfolgen.

Nach zwei Tagen in Kathmandu rufen uns die Berge. Frühmorgens begeben wir uns zum Busbahnhof. Wir entscheiden uns gegen den Touristenbus und für den lokalen Bus, wir wollen schließlich ein authentisches Erlebnis haben. Großer Fehler! Eigentlich würde diese Busfahrt hier schon fast einen eigenen Eintrag verdienen. Wir fragen uns noch, wie man für 170 km sechs bis sieben Stunden brauchen kann, aber nachdem wir losfahren ist alles klar. Unser „Deluxe“-Bus verfügt über drei Gästeeintreiber, die unermüdlich bei der offenen Bustür hängen um neue Gäste zu akquirieren. Sobald Passanten das kleinste Anzeichen von Interesse (manchmal reicht ein zufälliger Blick Richtung Bus) zeigen, stoppt der Bus, die Drei springen raus und bequatschen bzw. zerren am potenziellen Gast. Das Schauspiel ist anfangs ganz belustigend, nachdem wir nach über einer Stunde „Fahrtzeit“ Kathmandu immer noch nicht verlassen haben, beginnt es unsere Geduld auf die Probe zu stellen. Immer wieder springen Snack- oder Tuchverkäufer in den Bus und versuchen, allen ihre Ware anzudrehen. Das Highlight ist ein aufspringender Musiker. Sobald er mit seiner Performance beginnt, dreht der Busfahrer das eh schon laute Radio noch lauter. So versuchen sich Musiker und Radio gegenseitig zu übertönen. Sieger in allen Kategorien ist das Radio. Leider bleibt uns die Lautstärke auch nachdem der Musiker den Bus verlässt erhalten, uns dröhnen zwei Tage später immer noch die Ohren. Da unsere Gästeeintreiber ihren Job sehr gut machen, sind wir gegen Ende der Fahrt heillos überfüllt bis so viele Leute am Gang stehen, dass Flo ein mittelgustiöser Bauch ins Gesicht hängt. Außerdem verliert er zwischendurch seinen Sitzplatz an eine Mutter mit Kind. Nach knackigen zehn Stunden kommen wir frisch wie der Frühling an unserem Ziel Bhulbhule an. Bettinas Rucksackhülle wurde durch unsachgemäße Lagerung während der Fahrt angekokelt und durchlöchert. Die Stimmung ist am Höhepunkt. Nachdem wir schnell ein Guesthouse mit Blick auf das Annapurna-Massiv und warmer Dusche finden, ist aber schnell alles wieder gut.

Fazit: Deluxe steht in Nepal nicht zwingend für Komfort. Außerdem übersteigt Flo die Nepali-Normgröße. So sind Türen, Betten und Stromkabelhänghöhen oft nicht optimal. Bettina hat diesbezüglich keine Probleme.