Wir stinken ein bisschen. Zumindest unsere Kleidung. Kein Wunder nach den vorhergegangenen anstrengenden Wandertagen. Darum steht wieder ein Wasch/Ruhetag an. Dafür hätten wir keinen besseren Ort wählen können, steht hier doch der berühmte Tempel von Muktinath. Dieser ist eine der wichtigsten religiösen Stätten Nepals, sowohl für Hindus als auch Buddhisten und dementsprechend bei Pilgern äußerst beliebt. Er bietet 108 heilige Quellen, eine Wahnsinnslage und sehr viele Tempelbesucher. Um zum Tempel zu gelangen müssen einige wenige Stufen überwunden werden. Hier gibt es unterschiedliche Herangehensweisen der Pilger: zu Fuß, zu Pferd, per Hubschrauber oder auf einer von vier Männern getragenen Bahre. Letzteres gibt übrigens ein sehr gewöhnungsbedürftiges Bild ab. Wir entscheiden uns nach kurzer Diskussion natürlich für den Hubschrauber, was sonst?
Nachdem wir nach dem (sehr interessanten) Tempelbesuch unser Kultur-Konto wieder auf einen akzeptablen Level gebracht haben, machen wir uns wieder auf den Weg. Die nächste Wanderetappe bringt uns abermals in eine neue Landschaft (sehr karg, so stellt man sich als Erdbewohner vermutlich den Mars vor) mit toller Aussicht. Wir gehen ein riesiges, fast komplett ausgetrocknetes Flussbett entlang und fragen uns wie es hier wohl zur Regenzeit aussehen mag. Bleibt aber unbeantwortet. Wir sehen außerdem unseren zweiten 8000er. Dhaulagiri heißt der Gute und er ist mit 8167 Meter der siebthöchste Berg der Welt. Nach einem lieben kleinen Dorf mit Mandelbäumen in herbstlichen Farben kommen wir nach einigen Kilometern auf einer staubigen, vielbefahrenen Straße (heiß ist es auch) nach Jomsom. Hier werden wir doppelt überrascht, der Ort ist viel netter als gedacht und wir finden das bis jetzt schönste Guesthouse. Zu allem Überfluss kochen sie auch noch gut und das WIFI ist zur Abwechslung ausgezeichnet. Win-Win-Win-Win. Flo schlägt sich die Nacht um die Ohren, um das entscheidende Europa-League Spiel von Sturm zu schauen. Naja, kein Win.
Der nächste Morgen trifft uns beide extrem unvorbereitet – wir sind müde, faul und sehr hungrig. Der perfekte Cocktail für eine bevorstehende Wanderung. Der innere Schweinehund ist heute ein starker Gegner. Am Ende raffen wir uns mit einiger Verspätung (= mehr heiß) auf und wandern Richtung Tukuche. Unterwegs kommen wir am Dhumba-See vorbei. Ein netter, kleiner Bergsee, aber nichts wahnsinnig besonderes. Hier wird uns wiedermal vor Augen geführt, dass wir doch auch schon (in diesem Fall zum Glück) zum alten Eisen gehören. Wir beobachten einige semiprofessionelle Instagrammer oder Tiktoker oder wie auch immer das jetzt heißt dabei, wie sie sich und den See in Szene zu setzen versuchen. Hierbei finden in einer Fotosession mehrere Outfitwechsel statt. Wir hoffen das Richtige war dabei und verlassen diesen Ort mit ein paar mittelguten Selfies in den, seit inzwischen zwei Wochen (upsi) immergleichen Leiberl und Gesichtern. In Gedanken noch bei den vielen Outfits und in hitziger Diskussion darüber, welches nun das Beste war, verpassen wir unsere Abzweigung (falls sie überhaupt angeschrieben war!) und müssen erstmals ein bisschen nach dem Weg suchen. Eher mühsam an einem Tag wie diesem. Mittagessen finden wir leider auch keines. Auch nicht prickelnd. Ein bisschen geschafft kommen wir spät nachmittags in Tukuche an und holen schnell unser wohlverdientes Mittagessen nach, um eineinhalb Stunden später gleich abendzuessen.
Tag 15 der Wanderung beginnt mit einer abenteuerlichen Flussüberquerung. Weil wir zu faul sind den Fluss bis zur nächsten Brücke entlang zu gehen, kürzen wir ab und „bauen“ uns selbst eine. Wir würden im Nachhinein nicht unbedingt behaupten, dass das schneller war, aber wir sind auch nicht nass geworden also kann man das durchaus als Erfolg verbuchen. Kurz vor Mittag kommen wir zum Titicaca…ähhh Titi See. Gefällt uns besser als der Dhumba See und wir sind die Einzigen die hier Fotos machen (Immer noch in den gleichen Leiberl). Danach geht die Mittagessenssuchmisere in die Verlängerung. Obwohl laut unserer Karte in Choyo ein Restaurant stehen sollte finden wir keines, obwohl wir schon ziemlich hangry das halbe Dorf verbal und non-verbal nach dem Weg zum Essen ausfragen. Einen Haufen uneindeutiger Antworten später findet sich eine Frau, die Mitleid hat, sich unserer annimmt und uns bei sich zuhause bekocht. Wir können unser Glück kaum fassen. Bevor sich unsere gute Fee in der Küche ans Werk macht, setzt sie uns auf zwei Gartenstühlen auf ihrem Dach ab, wo wir von den Dorfbewohnern wie zwei Paradiesvögel beobachtet werden. Sobald unser Essen fertig ist werden wir ins Haus gebeten wo uns das beste Daal Bhat serviert wird, das wir bis jetzt gegessen haben. Auch hier wird jede unserer Bewegungen von einem kleinen Nepali genauestens observiert und wir wissen nicht genau, wie wir uns verhalten sollen. Je leerer unsere Teller werden, desto näher kommt er, bis er direkt am Tisch steht und uns anstarrt. Sobald wir aufgegessen haben wissen wir auch warum: Seine Aufgabe ist es die leeren Teller abzuräumen. Und was sollen wir sagen, er meistert sie mit Bravour. In der Sekunde in der wir die Löffel ablegen sind die Teller auch schon in der Küche. Robert, dieser Moment hätte dich mit Stolz erfüllt!
Der weitere Weg führt uns in immer grünere Landschaften mit Affen, Riesenzitrusfrüchten und Bächen ohne Brücken. Im Vergleich zur anderen Seite des Passes gibt es hier weniger Touristeninfrastruktur, dafür bekommt man aber einen besseren Einblick in das Leben der Einheimischen. In Tatopani sind wir dann plötzlich, nachdem wir vier Tage quasi alleine am Trek waren, wieder unter Leuten und fühlen uns ein bisschen wie bei „Dinner for One“. Der Kellner im Guesthouse erinnert mit seinem Gehstil und Gesichtsausdruck sehr an den Butler James, nur dass er statt einem Tigerkopf herumliegenden Hunden ausweichen muss.
Da es wieder wärmer ist haben wir die kalten Nächte vor der Passüberquerung erfolgreich verdrängt und beschließen unsere Wanderung noch ums Annapurna Base Camp (ABC) zu erweitern.
Fazit: Wir haben zu wenig fototaugliche Outfits dabei. Zum Glück ist das Mittagessen nicht die wichtigste Mahlzeit des Tages.