Schweren Herzens beschließen wir das gemütliche Luang Prabang und damit den besten Smoothiestand der Welt (Ananas-Limette-Ingwer!) zu verlassen. Niang Khiaw, ein kleiner Ort im Norden von Laos ist unser nächstes Ziel. Die Rucksäcke werden am Dach des Minibusses festgebunden und geistesgegenwärtig steigen wir schon viel früher als nötig ein, um uns Sitzplätze zu suchen. Sehr kluger Schachzug, wie sich herausstellt. Es wird nämlich mal wieder versucht, mehr Touristen in den Bus zu stopfen, als es Sitze gibt. Kein Problem für den findigen Busfahrer, er zaubert vier winzige Holzhocker herbei und stellt sie stolz am Gang auf. Weil er von den noch sitzlosen Fahrgästen nur ungläubig angestarrt wird, demonstriert er strahlend, wie man auf den Hockern Platz nimmt. Ach Laos, irgendwie haben wir dich nach den anfänglichen Zweifeln doch ziemlich ins Herz geschlossen. Aber von unseren gut gepolsterten und vor allem am Boden festgeschraubten Sitzen aus lässt sich leicht reden. Und dann passiert etwas absolut unerwartetes. Ja, noch unerwarteter als Hocker am Busgang. Die Fahrt dauert statt der angegebenen vier Stunden nur drei. Das ist bisher wirklich noch nie passiert. Zu verdanken haben wir das dem Fahrstil des Busfahrers, der in rekordverdächtigem Tempo die schlaglöchrigen Straßen entlang düst. Nicht ganz so dankbar sind vermutlich die Leute, die bei jeder Kurve auf den losen Schemeln am Boden herum gleiten. Wir hoffen ja, dass sie, mit ein bisschen zeitlichem Abstand, irgendwann auch über die Geschichte lachen können.
Der „Busbahnhof“ in Niang Khiaw liegt natürlich, in typischer Laosmanier, zehn Minuten außerhalb des Örtchens, damit man den Ankömmlingen noch eine Tuktukfahrt verkaufen kann. Wir weigern uns und spazieren bis zu unserer Unterkunft. Die liegt wunderschön direkt am Fluss, mit einem tollen Blick auf das Wasser und die Berge dahinter. Wie kann man sich da nicht sofort super wohl fühlen? Dass nicht ganz so viele Touristen ihren Weg nach Niang Khiaw finden, merkt man vor allem an den Reaktionen der Kinder im Dorf auf uns. Sie freuen sich über jedes High Five und wollen Fotos mit uns machen. Es gibt aber auch zwei ca. Fünfjährige, die uns voller Überzeugung den Mittelfinger zeigen, weil wir keine Süßigkeiten für sie dabei haben. Reizend.
Am nächsten Tag steht eine Wanderung für uns an, Niang Khiaw ist nämlich bekannt für seine Aussichtspunkte und wir haben wirklich Schwierigkeiten, uns für einen zu entscheiden. Im Zweifelsfall nehmen wir einfach den Höchsten, erscheint uns ein gutes Argument wenn es um Aussicht geht. Wir sind froh, dass wir früh genug gestartet sind, um der schlimmsten Hitze zu entgehen und kommen gut voran. Der Weg verläuft durch Bananenwälder und vorbei an Felsformationen, immer steil bergauf. Die Videos und Bilder vom UXO Museum haben sich in unsere Gehirne eingebrannt und wir achten peinlich genau darauf, den Weg nicht zu verlassen. Oben angekommen werden wir mit einem spektakulären Blick belohnt. Die Täler sind hinter einem dichten Wolkenmeer versteckt, nur die Spitzen der umliegenden Berge liegen darüber. Als sich die Wolken auflösen und den Blick auf den Fluss freigeben, verändert sich die Aussicht nochmal komplett. Wirklich unglaublich schön und wir können uns nicht sattsehen. Gute Gesellschaft gibt es am Gipfel auch, wir lernen zwei Belgier und einen Deutschen kennen und unterhalten uns so gut, dass wir gar nicht merken, wie die Zeit vergeht und wir über zwei Stunden am Aussichtspunkt verbringen. Wir verabreden uns mit den Drein noch zum Abendessen, wo sich herausstellt, dass Michi ähnliche Reisepläne hat wie wir. Das schreit doch nach einem Wiedersehen.
Den Rest unserer Zeit hier verbringen wir sehr entspannt. Wir lesen viel und essen unsere 222. Portion Reis (und die 223. und die 224. und so weiter). Bei unserer Unterkunft borgen wir ein Kajak aus und paddeln den Fluss ein bisschen rauf und runter. Niang Khiaw ist auf jeden Fall ein Ort, an dem wir gerne länger geblieben wären. Aber was sollen wir sagen, das Geld geht uns aus. Es gibt zwar zwei Bankomaten im Ort, die lassen uns aber im Stich und lehnen unsere Karten ab. Eine etwas stressige Situation. In der Unterkunft können wir glücklicherweise mit unseren Notdollar bezahlen und für den Minibus zurück nach Luang Prabang reicht es auch noch. Es wäre aber natürlich nicht Laos, wenn die Busfahrt nicht wieder für ein Gschichtl gut wäre. Die Busse fahren täglich um neun und um zwölf. Wir entscheiden uns für den früheren und werden einem der wartenden Busse zugewiesen. Um halb zehn machen sich zwei der drei Busse auf den Weg. Unserer natürlich nicht. Bettina versucht mit den Männern am Busbahnhof zu reden um herauszufinden, worauf wir warten, aber plötzlich versteht niemand mehr Englisch. Nach einiger Zeit stellt sich jedenfalls heraus, dass wir auf zwei der Leute, die den Bus um zwölf Uhr gebucht haben warten, um unseren Bus ganz vollzustopfen. Dann würde es auch „schon“ losgehen. Sehr super. Um kurz nach elf wird dem Busbahnhofchef die Diskussion mit den abfahrbereiten Touristen zu viel und er packt seine Bocciakugeln aus. Eine sehr gelungene Ablenkung wie wir finden. Zumindest bei uns funktioniert es. Als eine Australierin die Laoten beim Boccia besiegt, werden die Kugeln schnell weggepackt und wir fahren plötzlich doch los. Geht ja.
Fazit: Transport ist in Laos immer ein Erlebnis. Nach einem Sieg im Boccia hat man anscheinend einen Wunsch frei. Wolken sind von oben betrachtet schöner als von unten.