Oder: Ein Blick in die Zukunft

Rechtzeitig wie immer kümmern wir uns um die Einreiseanträge in unser nächstes Land: Singapur! Gut, dass man mit dem österreichischen Pass überall (bis jetzt zumindest) so stressfrei und ohne Visaanträge mit monatelanger Vorlaufzeit einreisen kann. Sonst würden wir wohl kaum so reisen können, wie wir es gerade tun und noch in der EU festsitzen.

Singapur ist also unser Ziel und der Flugzeuggott bleibt uns nach wie vor gewogen und bringt uns und unser Gepäck sicher am Ziel an. Wir erwarten uns einiges von Singapur. Vor allem in der Kategorie Futurismus. Und wir werden schon am Flughafen keineswegs enttäuscht. Alles ist gigantisch, sauber, modern und automatisiert. Es gibt sogar einen indoor-Wasserfall, Flughafenherz was willst du mehr. Nur Flos Pass aus dem Jahre 2017 spielt hier nicht mit, und er muss somit altmodisch via Schalter und Grenzbeamten einreisen, während das bei Bettina vollautomatisch und kontaktlos funktioniert. Vom Flughafen geht es mit der Metro direkt ins Zentrum und im Handumdrehen sind wir auch schon in unserem Hostel. Einem Kapsel Hostel. Richtig gelesen. Hier bucht man kein Zimmer, sondern eine Kapsel die genau die Größe eines Bettes hat. Gefällt uns sogar besser, als ein normales Hostel, weil man mehr Privatsphäre hat. Was weniger nett ist, ist die Preispolitik. Da wir zu chinesisch Neujahr (CNY) angereist sind, sind die eh schon hohen Preise nochmal doppelt so hoch. Wir denken lieber nicht darüber nach, in welchem Luxus wir für das gleiche Geld in Malaysia residieren hätten können. Hilft eh nix. Nach kurzem Schönheitsschlaf geht unser Tag weiter und wir haben gleich zwei dringende Punkte zu erledigen. Erstens, und wie immer am wichtigsten, Futtersuche. Zweitens, wir müssen herausfinden wo, wie und wann wir uns am besten für die riesigen Feuerwerke für CNY aufstellen sollen, die heute abend stattfinden sollten. Punkt eins auf unserer schier endlosen To-Do Liste erledigen wir im Handumdrehen, in dem wir einen Foodcourt in Chinatown, ein sogenanntes Hawkercenter, finden und köstlich speisen.

So, unsere Freunde der gepflegten Neujahrsfestivitäten, nun zum Thema CNY. Sowohl alle unsere lokalen Informationsquellen, als auch das Internet können uns nur mehr schlecht als recht weiterhelfen, wo es nun das beste Feuerwerk zu sehen geben wird. Nun gut, schauen wir halt spontan. Wir werfen uns in unseren feinsten roten Zwirn (weil rot = Glück, zumindest zu CNY) und begeben uns nach Chinatown – das erscheint uns im Hinblick auf die Feierlichkeiten recht opportun. In Chinatown ist der Rummel ausgebrochen. Die Straßen sind mit Laternen und Standl gesäumt und man drängt sich wie am Christkindlmarkt durch. Um unser Glück für das nächste Jahr noch zu steigern, essen wir eine Orange (weil Orange = Glück). Doch dann die Ernüchterung. Für unsere beiden chinesischen Sternzeichen (Hahn und Schwein – ihr dürft selbst erraten wer von uns das Schweindl ist) stehen die Sterne im nächsten Jahr gar nicht so gut. Whatever, müssen wir ja nicht dran glauben, wir essen zur Sicherheit aber doch noch eine Orange. Nachdem in Chinatown, abgesehen vom Jahrmarkt, nicht mehr viel passiert und sich die Anzeichen auf ein mögliches Feuerwerk auch nicht verdichten, spazieren wir zur Marina Bay, DEM zentralen Punkt in Singapur, von wo aus wir zumindest irgendein Feuerwerk sehen sollten. Was wir zuerst mal sehen, sind die mit Licht und Musik untermalten Wasserspiele, die hier allabendlich stattfinden. Wunderschön anzusehen und ziemlich spektakulär! Dann ist es soweit – Mitternacht steht vor der Türe. Wir haben nette Plätze am Wasser, neben uns bauen ein paar Leute ihre Kamerastative auf. Es kann losgehen. Es gibt sogar einen Moderator, der den Countdown ins Mikrofon brüllt. Three, two, one, .. Und dann nichts. Gar nichts! Keine einzige Rakete, ja nicht einmal ein Kracher ist zu hören. Enttäuschung Hilfsausdruck. Da hätten wir wohl in Kuching bleiben sollen, wo schon drei Tage vor CNY die Stadt wie in der guten alten Zeit in Raketensmog gehüllt wurde. Naja, schön ists hier trotzdem und das Wasserschauspiel war wirklich cool. Trotzdem hätten wir nicht gedacht, dass wir CNY auch heuer so wie jedes Jahr bisher in unseren Leben ohne Feuerwerk begehen müssen.

Am nächsten Tag haben wir die Enttäuschung verdrängt bzw. vergessen, und das neue Jahr beginnt vielversprechender als uns vorausgesagt wurde. Nachdem wir ausgiebigst ausgeschlafen haben, sparen wir uns schonmal das Frühstück. Wir sind frisch und bereit für City-Sightseeing. Beschwingt setzen wir unsere Füße vor die Hosteltüre und merken gleich, hier ist es relativ schwül und heiß. Quasi Bangkok und Kuala Lumpur addiert. Kann man jetzt auch nichts machen, so viele Tage haben wir hier nicht und bei angenehmen Temperaturen im Schatten eines Nussbaumes Kaffee trinken können wir zuhause auch wieder. Also Flo zumindest, Bettina trinkt ja keinen. Also marschieren wir drauf los und erkunden die Weltstadt. Was sollen wir sagen – ziemlich beeindruckend dieses Singapur. Hochhäuser ohne Ende. Drei von ihnen sind sogar mit einem Boot am Dach verbunden. Ja wo gibts denn sowas? Und viel wichtiger, wie und warum ist das Boot da oben gestrandet? In Punkto Futurismus werden wir auch nicht enttäuscht. Spätestens als uns auf der Straße ein kleiner Roboter mit der Aufschrift „Finanzpolizei“ begegnet haben wir wirklich alles gesehen. Wir verhalten uns in seiner Gegenwart so unauffällig wie möglich, man weiß ja nie. Zum Glück ist er nicht in der Nähe, als Flo achtlos einen Orangenkern ins Gebüsch spuckt. Was, wenn der Roboter glaubt es wäre ein Kaugummi gewesen (Kostenpunkt: 3000 Euro oder so). Wie soll man dem kleinen Kerlchen das bitte erklären? Egal, Flo kommt ungeschoren davon und auch die überall präsenten Überwachungskameras haben es wohl übersehen. Noch mal Glück gehabt. Bis jetzt zumindest. Mama, Papa, falls ein Strafzettel aus Singapur in der Post ist, der gehört uns. Also Flo eigentlich. Bettina will mit diesen kriminellen Machenschaften nämlich nichts zu tun haben.

Wir lassen uns ein bisschen durch die Stadt treiben und als es plötzlich zu schütten beginnt, flüchten wir in die Nationalgalerie. Das Gebäude ist ziemlich beeindruckend und wir beschließen einfach mal zu schauen, wie weit wir ohne Eintrittskarte kommen bevor uns jemand rausschmeißt. Als wir in einer der Ausstellungen landen, werden wir sofort von einer Angestellten angesteuert und bereiten uns schon darauf vor, hinausbegleitet zu werden. Aber die Dame fragt uns stattdessen, ob sie uns gratis Tickets anbieten darf. Darf sie. In your face, Horoskop. Die politkritische Ausstellung ist sehr interessant und so haben wir nicht nur einen gratis Unterschlupf vor dem Regen gefunden, sondern lernen auch noch etwas. Außerdem gibt es hier gratis Trinkwasser und Klos. In Singapur weiß man einfach, wie man das Backpackerherz glücklich macht. Als wir alle Ausstellungen gesehen haben regnet es immer noch und obwohl der Weg zum Hostel nicht weit ist, kommen wir triefend nass an. Am Abend rücken wir trockengelegt und mit Regenjacken ausgestattet wieder aus, um uns die berühmten Lichtspiele bei den Supertrees anzuschauen. Aber wir sind dafür mal wieder zu verfressen. Als wir das Hawkercenter endlich gesättigt verlassen, sind wir schon viel zu spät dran und kommen nicht mehr rechtzeitig ins Supertree Gelände. Enttäuscht aber satt (was um ehrlich zu sein eh wichtiger ist) gehen wir zurück ins Museenviertel, wo wir in ein Lichtershow Festival stolpern das uns komplett in den Bann zieht und so doch noch auf unsere Lichtspielkosten kommen.

Neuer Tag – es schüttet wieder. Passt perfekt zu unserem Tagesprogramm, wollen wir doch durch Parks spazieren. Pläne muss man durchziehen und so starten wir unseren Tag im Haw Par Park. In der Anlage sind Szenen aus der chinesischen Mythologie dargestellt und es ist an Skurrilität nicht zu überbieten. So findet man im Park zum Beispiel auf Straußen reitende Schildkröten, den „naughty“ Affengott und erbitterte Kämpfe zwischen Muscheln und Fischen. Wir wissen zwar nicht viel über chinesische Mythologie, aber es gibt anscheinend nichts, was es nicht gibt. Dagegen wirken die österreichischen Sagen mit ihren Teufeln, Lindwürmern und Riesenköniginnen schon recht einfallslos. Viele der Darstellungen im Park sind ziemlich blutig und nicht unbedingt für Kinderaugen geeignet. Beim Rausgehen begrapscht Flo noch schnell den Bauch eines Buddha. Soll übrigens mal wieder Glück bringen. Wetterglück gehört da anscheinend nicht dazu, es schüttet immer noch als wir zum nächsten Park spazieren. Über Hängebrücken und Stege führt uns ein 10 km langer Weg durch mehrere Gärten, auf einen kleinen Hügel mit einem Klo mit Blick über ganz Singapur und erstaunlich viel Natur für einen Stadtstaat. Am Ende des Tages schaffen wir es sogar noch rechtzeitig zu der Vorstellung bei den Supertrees, müssen aber zugeben, dass uns die anderen Lichtshows in Singapur besser gefallen haben.

An unserem letzten Tag in Singapur regnet es wieder. Oder vielleicht auch immer noch. Um mal zur Abwechslung ein bisschen trocken zu bleiben steht ein Tempelbesuch an und der Buddha Relict Tooth Tempel enttäuscht nicht. Zu Mittag gibt es für Flo das Michelin besternte Hainan Hühnchen. Zumindest fast. Das preisgekrönte Standl ist auf Urlaub, aber beim Nachbarn schmeckts auch. Frisch gestärkt schlendern wir durch einen der schönsten botanischen Gärten die wir je gesehen haben. Wirklich sehenswert soll auch der Orchideengarten sein, wofür man mit Studentenausweis nur drei Euro Eintritt bezahlt. Studentenausweise haben wir – sie sind sicher verwahrt im Hostel. Empört über unsere Vergesslichkeit lassen wir die Orchideen Orchideen sein und schauen uns stattdessen noch einmal die Licht- und Wassershow am Marina Bay an bevor wir Essen gehen. Weil wir heute genau 100 Tage unterwegs sind geht es ausnahmsweise nicht ins Hawkercenter sondern in ein richtiges Restaurant. Ja, wir essen zur Feier des Tages mal wieder von Porzellangeschirr und sitzen dabei nicht auf bunten Plastiksesseln.

Fazit: Kommt nicht für CNY Feuerwerke nach Singapur! Endlich hat es sich mal ausgezahlt, dass wir seit 100 Tagen Regenjacken mitschleppen. Lichtshows können uns ab jetzt wahrscheinlich nur noch enttäuschen. Wir sind gespannt, wann die elektronischen Finanzbeamten nach Österreich kommen.