Oder: Wer braucht schon Schlaf

Mit unserer Einreise in Taiwan steht es nun drei zu vier zwischen ‚vor unserer Reise eingeplanten Ländern‘ und ‚eher nicht eingeplanten Ländern‘. Wobei, Taiwan fällt eigentlich in die Kategorie komplett ungeplante Länder. Für die Distanz erstaunlich billige Flüge aus Bangkok brachten Taiwan erstmals ins Gespräch. Nach einer kurzen Recherche stand schnell fest – hier müssen wir unbedingt hin. Wir erhoffen uns nach unserer Südostasientour eine völlig andere Welt, andere Kultur, gutes Essen und vor allem atemberaubende Landschaften. Schon mal vorweg: Wir sollen alles andere als enttäuscht werden. Glück haben wir auch ein bisschen, denn Taiwan hat pandemiebedingt noch nicht allzu lange seine Tore wieder für den gemeinen Touristen geöffnet. Das soll aber nicht heißen, dass die Einreise ohne ein bisschen Zittern über die Bühne geht. Nach Konsultation der taiwanischen Einreisebestimmungen und anschließender Abklärung mit dem ‚Österreich Büro Taiwan‘ (das, was einer Botschaft am nächsten kommt), sind die Regelungen klar. Nach Einreise muss man für 7 Nächte in eine ‚quasi-Selbstquarantäne‘ in ein und derselben Unterkunft mit eigenem Bad. Da man die Quarantäneunterkunft aber ohne Probleme auch verlassen darf, erschließt sich uns der Sinn dieser Regelungen nicht komplett. Laut unserem Informanten vor Ort, Guido T.*, bestehen besagte Regelungen aber nur auf dem Papier und werden weder befolgt noch verfolgt. Wir entscheiden uns dafür, zu riskieren und buchen keine Unterkunft für sieben Tage im Voraus. Im Gegenteil, die erste Nacht wollen wir am Flughafen verbringen, die nächste in einem Schlafsaal in Taipei und danach wie immer: schauma mal. Kurz vor der Einreisekontrolle steigt also kurz der Nervositätslevel. Was wenn sie doch unsere Unterkunftssituation kontrollieren und wir nicht einreisen dürfen? Wir stellen uns extra in der Reihe an, in der der Grenzbeamte die Leute nur durchzuwinken scheint. Kurz bevor wir dran sind passiert aber das Unvermeidbare: Eine neue Schlange wird eröffnet und wir werden zu einer anderen Grenzbeamtin beordert. Na super, alle Taktik umsonst. Aber das Glück bleibt uns hold, sie interessiert sich nur für unsere Impfungen und schon sind wir offiziell in Taiwan eingereist.

Wir sind also eingereist, glücklich und leicht euphorisch, bis uns auffällt, dass wir ja noch eine halbe Nacht im Flughafengebäude ausharren müssen. Kleine Euphoriebremse für uns. Aber was solls, die Zeit vergeht auch. Zwar ungemütlich (zumindest für Flo, Bettina kann eh immer überall schlafen) und kalt (besonders für Bettina), aber doch. Und so begeben wir uns in der Früh etwas übermüdet Richtung Taipei um unser Hostel zu beziehen. Erstes Problem: Check-in erst ab 14:00. Zweites Problem: Rezeption erst ab 16:00 besetzt. Drittes Problem: automatischer Check-in defekt. Also effektiver Check-in ab 16:00. Letztes Problem: man kommt nicht mal ins Hostel hinein um sein Gepäck abzulegen. Doch wie immer haben wir ein bissi Glück und genau als wir um 9:30 vor der Türe stehen und uns all unserer Probleme (siehe oben) bewusst werden, verlassen andere Gäste das Hostel und wir können schnell hineinschlüpfen. So können wir zumindest unser Gepäck ablegen und die sanitären Einrichtungen in Anspruch nehmen.

Dann heißt es für uns: die Stadt erkunden bis wir nach der langen Anreise (endlich) unser wohlverdientes Bettchen bekommen. Und es gefällt uns gleich richtig, richtig gut. Es ist viel los, es ist modern und hip, die Menschen sind super nett und an jeder zweiten Ecke riecht es verführerischst nach Essen. Wir fühlen uns auf Anhieb pudelwohl. Da ist unsere Müdigkeit schnell verflogen und wir genießen es, durch die Straßen zu streunen. Immer wieder sehen wir Gruppen von Jugendlichen, die relativ professionelle Tanzvideos drehen. Macht uns Spaß, ein bisschen zu zuschauen. Wir stoßen auch auf die vielleicht besten Dumplings der Welt. Was wir gar nicht mehr gewöhnt sind: man braucht doch tatsächlich tagsüber eine lange Hose und eventuell einen Pulli und abends sogar eine Jacke um die Körpertemperatur in angenehme Bereiche zu bringen. Sachen gibts. Aber es ist halt doch Anfang März in einem Land, das nördlich genug liegt um die guten alten vier Jahreszeiten zu besitzen. Und keine Sorge, wir sollen im Laufe unseres Taiwanaufenthaltes öfter Schwitzen als einen Pullover brauchen, aber dazu später mehr. Im Moment empfinden wir die frühlingshaften Temperaturen durchaus als angenehm und wir bemerken schnell, dass sich ein Blick auf die Wetterapp in Taiwan durchaus auszahlt. Es gibt manchmal Regen. Haben wir auch schon seit Borneo nicht mehr gesehen. Aber irgendwie freuen wir uns ein bisschen über abwechslungsreicheres Wetter. Wer will schon immer Sonne und Hitze?

Da wir uns Taipei eigentlich erst gegen Ende unseres Taiwanaufenthaltes genauer anschauen wollen, heißt es für uns noch die nächsten Stationen zu planen. Danach kann dann endlich der auf der Anreise verlorene Schlaf nachgeholt werden.

Fazit: Taiwan zeigt schon am ersten Tag, dass es Potenzial zum Lieblingsreiseland hat. Danke an Guido T.*. Übernachten am Flughafen ist ungemütlich und kalt. Dumplings sind Bettinas neues Lieblingsessen.

*Name von der Redaktion geändert, Anm.