Oder: Salz soweit das Auge reicht

Nach einem Tag der Obdachlosigkeit begeben wir uns zum Busbahnhof von La Paz. Da Busse das Hauptverkehrsmittel für alle längeren Strecken in Südamerika sind, ist der Busbahnhof auch entsprechend groß. Und laut. Sehr laut. Eines ist schnell klar: die vielen, um Passagiere konkurrierenden Busgesellschaften wollen potentielle Gäste eindeutig mit Lautstärke bezirzen. So hat jede Busgesellschaft so etwas wie einen Marktschreier angestellt, der die jeweiligen Fahrtziele herumbrüllt. Ganz schön überfordernd (aber auch irgendwie ziemlich witzig und – naja laut halt), aber wir haben unsere Tickets schon online gekauft. Was sich als Fehler herausstellt, denn hier sind die Fahrscheine vor Ort doch empfindlich billiger als in diesem Internet. Naja, nächstes Mal machen wir das wohl anders. Die meisten Busverbindungen sind übrigens Fahrten über Nacht, warum auch immer. Sparen wir uns wenigstens eine Unterkunft, auch nicht so schlecht. Wir haben bereits gehört, dass es in diesen Nachtbussen sehr kalt werden kann und als wir auf die Abfahrt warten, sehen wir, dass alle Bolivianer die mit uns warten, mit dicken Decken ausgestattet sind. So ziehen wir mal lieber noch schnell eine extra Jacke und ein extra Paar Socken aus unseren Rucksäcken heraus bevor es losgeht. Man weiß ja nie. Und man weiß wirklich nie, denn während der Fahrt ist es dermaßen heiß, dass man gar nicht weiß was man noch alles ausziehen soll.

Nach ereignisloser Fahrt kommen wir, mit leicht müdem Aug, in aller herrgottsfrüh in Uyuni an. Hier sieht man auch gleich wieder den Nachteil des Nachtbusfahrens, man kommt nämlich um 5.30 in der Früh wo an und weiß natürlich nicht wohin mit sich. Das Touristenmanagement funktioniert hier sehr gut, denn man wird schon beim Aussteigen aus dem Bus von Touranbietern belagert und bequatscht. Nicht ganz unser Ding so früh am Tag, aber sie machen ja auch nur ihren Job. Und sie bieten alle das an, wofür wir auch hier sind: Touren in die Salar de Uyuni – eine Salzwüste. DIE Salzwüste. Aber erst mal Kaffee. Danach kommt langsam die Sonne raus und wir bemerken, dass es in der Sonne schnell richtig heiß ist, während es im Schatten noch immer ganz schön fröstelt. Das soll auch so bleiben, was das Kleidungsmanagement in den nächsten Tagen ein bisschen mühsam macht. Jacke an, Jacke aus, Pullover aus, Pullover wieder an und so weiter. Frisch mit Koffein und Frühstück versorgt beginnen wir ein paar Agenturen abzuklappern um eine Tour für uns zu organisieren. Nach mehreren Informationen in mehreren Agenturen, stellt sich heraus, dass eh alle das Gleiche anbieten. Also suchen wir uns die Agentur aus, die einen guten Mix aus Preis und Sympathie zu bieten hat. Damit sind wir bis hierhin immer noch gut gefahren. So viel vorweg: Auch diesmal. Da es erst am nächsten Tag losgeht, haben wir noch einen ganzen Tag in der Stadt Uyuni, wo wir nicht allzu viel machen, denn allzu viel kann man hier auch nicht machen. Es ist alles sehr leer und sehr staubig. Wenn noch ein paar Rosen von Jericho durch die Gassen gefegt werden würden, würde das sehr gut zur Gesamtstimmung passen. Da die vielen Salzwüstentouristen nämlich meistens direkt aus dem Nachtbus in die Wüste fahren und ein paar Tage später wieder direkt zurück, braucht Uyuni selbst nicht viel Infrastruktur. Aber es gibt immerhin einen Supermarkt, in dem wir uns mit Wasser und Snacks für unsere Wüstenexperience ausrüsten – wir werden nämlich drei Tage unterwegs sein.

Am nächsten Tag werden wir in unserer Unterkunft abgeholt und zur Agentur gebracht wo wir unsere Salzwüstentour antreten. Hier treffen wir unseren Guide Alberto und unsere bunt gemischte Gruppe. Spanien, England, Deutschland, Korea. Und wir halt. Nachdem wir alle im Jeep Platz genommen haben, gehts auch schon los in die Salzwüste. Wobei, noch nicht ganz, denn zuerst stehen noch die ‚klassischen‘ Touristentourstopps an. Als Erstes ein Eisenbahnfriedhof. Geht so, aber irgendwie auch spannend wie ganze Horden an Touristen hunderte Fotos auf verrostenden Zügen machen. Dann, natürlich, kommt noch der obligatorische ‚Markt an dem die Einheimischen seit Jahrhunderten einkaufen‘. Dass der Markt mitten im Nirgendwo ist und die Einheimischen offensichtlich seit Jahrhunderten Touristensouvenirs kaufen, nehmen wir mal so hin. Wir verstehen ja eh, dass jeder ein paar Dollars von den Touristen abhaben will und haben uns deshalb damit abgefunden, dass bei organisierten Touren halt diese aus unserer Sicht unnötigen Stopps dabei sind. Wir würden trotzdem lieber die Wüste sehen und nachdem alle am Markt ihre drei Bolivianos fürs Klogehen bezahlt haben, gehts auch schon (und diesmal wirklich) in die Salzwüste. Und die ist ziemlich beeindruckend. Wir fahren mit dem Jeep durch die Gegend und überall wo man hinschaut ist, ihr werdet es erraten, Salz. Nachdem wir eine Stelle gefunden haben, an der noch eine kleine Wasserlacke ist (wir sind nämlich in der Trockenzeit da) gehts ans Eingemachte. Die klassischen Salzwüstenwasserspiegelungsfotos stehen an. Unter der Regie von Alberto stellen wir uns als Gruppe bei den Fotos, wo wir alle gleichzeitig mit einer Grätsche hochspringen sollen, unglaublich blöd an. Wir geben alle unser Bestes, aber Alberto ist offensichtlich Perfektionist und somit springen wir recht oft (fast) gleichzeitig in die Höhe. Irgendwann gibt Alberto auf, wir müssen nämlich weiter – mit oder ohne perfektem Foto. Wir verbringen viel Zeit im Jeep, schauen aus dem Fenster und haben viel Spaß mit unserer Gruppe. Nach einem Mittagessen und noch einem Fotospot kommen wir an einer Insel mitten in der Salzwüste an, die von riesigen Kakteen übersät ist. Ziemlich cool und auch irgendwie erstaunlich, wie die Kakteen da hin gekommen sind.

Als wir zum Sonnenuntergang nochmal stehen bleiben wird uns sogar eine Flasche Wein kredenzt. Bei unserem koreanischen Freund kann man dann die typischen Stadien „Alkohol trinken – betrunken herum lallen – hysterisch kichern – schlafen – mit Kopfweh aufwachen“ innerhalb von 20 Minuten nach 2 Gläsern Wein beobachten. Ziemlich erstaunlich. Ähnlich erstaunlich ist die Unterkunft in der wir die Nacht verbringen: das ganze Gebäude ist aus Salzziegel gebaut. Kein Schmäh – Bettina leckt sogar daran um es für euch zu verifizieren. Tatsächlich Salz. Dass der komplette Boden auch aus losen Salzkristallen besteht finden wir dann wiederum eher unpraktisch. Das hat man dann nämlich überall. Im Rucksack, in den Schuhen, im Bett.

Am nächsten Tag verlassen wir die eigentliche Salzwüste und fahren weiter durchs Altiplano und sehen spektakuläre Landschaften, gespickt mit Vulkanen, Geysiren, Lagunen, coolen Felsformationen, Flamingos, Viscachas, Llamas und Vicuñas. Immer wieder legen wir kleine Fahrtpausen ein und machen kleine Spaziergänge durch die unwirklichen Landschaften. Den Abend verbringen wir auch nicht so schlecht: in einer heißen Quelle badend, mit Blick auf den Sternenhimmel und die Milchstraße. Die heiße Quelle ist auch wichtig, denn des Nächtens ist es arschkalt. Da wird man ganz runzelig bis man sich endlich überwindet das warme Wasser zu verlassen. Die Nacht verbringen wir im Matratzenlager, wo irgendwie ein bisschen Trainingslagerfeeling aufkommt. Eine schöne Erinnerung an früher.

Der letzte Tag unserer Tour steht ganz im Zeichen des im Jeep Sitzens. Zuerst fahren wir zur chilenischen Grenze, wo wir zwei unserer Tourkollegen absetzen, da sie nach Chile weiterreisen. An der Grenze haben wir etwas Zeit und spazieren ein bisschen herum. Wir haben natürlich nicht halblegal die Grenze nach Chile überquert, nur um einen Fuß nach Chile zu setzen und ein Foto mit dem Grenzschild zu machen. Oder doch? Abgesehen davon, fahren wir noch für acht Stunden nach Uyuni zurück. Ein kleiner Stopp bei der ‚Black Lagoon‘ ist aber noch drinnen, wo wir viele viele Llamas beim Llamasachen machen beobachten. In Uyuni gibts noch eine Abschiedspizza mit unserer verbliebenen Tourgruppe, bis unser Nachtbus uns zu unserem nächsten Ziel bringt. Das dauert übrigens wieder acht Stunden.

Fazit: Nachtbusse haben ihre Vor- und Nachteile. Wir sind offensichtlich eher beschränkt im Synchronspringen. OOHH. AAHH. Salzwüsten sind ziemlich sehenswert. Wir waren nicht in Chile – oder doch?